Weihnachten mal anders - mit Irish Coffee.

Dr. Steffen Schwarz betreibt eines der größten Forschungs- und Trainingszentren für Kaffee. Er ist ein leidenschaftlicher Kaffeeliebhaber, dessen Kolumne wir Ihnen gerne zur Inspiration empfehlen.

Weihnachten mal anders - mit Irish Coffee.

Noch vor einem Jahr war alles ganz anders - die Weihnachtsmärkte waren offen, man traf sich mit Freunden und Bekannten auf einen Glühwein, ging ins Restaurant, ins Theater, Musical oder Kino oder besuchte ein Museum in der Zeit vor Weihnachten oder zwischen den Jahren.

Irgendwo in China gab es eine Epidemie - weit weg, Sack Reis - so etwas gab es ja immer wieder einmal irgendwo auf der Welt. Niemand hätte sich damals ausgemalt oder vorstellen können, wo wir heute alle stehen. An einer völlig anderen Stelle, in einer anderen Welt, die aber - auch wenn man es sich mit den drohenden weiteren Shutdowns gerade kaum vorstellen kann - weitergehen wird und muss.

Vieles wird dann anders sein - vor allem unser Bewusstsein mit welcher Selbstverständlichkeit wir gewisse Dinge betrachtet hatten - den Theaterbesuch, das Treffen mit Freunden, das Reisen, den Abend im Restaurant oder den Stadtbummel.

Vieles wird einem erst klar, wenn man es nicht mehr hat. Das gilt so leider schon immer. Das wohl beste Beispiel dafür ist die Gesundheit, die man so lange nicht schätzt, ja sogar nicht einmal wahrnimmt, solange man sie hat. Erst bei einer Krankheit - also in der Abwesenheit der Gesundheit - wird einem der unmittelbare Wert und die Bedeutung der Gesundheit klar.

Und doch hatte und hat diese Krise auch Ihre guten Seiten - viele werden wir erst im Laufe der kommenden Monate und Jahre erkennen. Aber das ist ja normal mit Veränderungen, die man am Wenigsten wahrnehmen kann, während diese stattfinden.

Wir alle hatten mehr Zeit Dinge zu tun, zu denen wir vorher durch unsere sonst klar definierten Tagesabläufe nicht die Zeit fanden oder finden wollten. Im Büro die verschiedensten Dinge abzuarbeiten, zu denen man lange nicht gekommen war, zuhause im Haus und Garten alles auf Vordermann zu bringen, alte Schallplattensammlungen zu durchforsten, Dachböden und Keller umzuräumen und dabei viel über sich selbst zu erfahren und sich wieder bewusst zu machen, welche Interessen man eigentlich viel zu lange hatte verkümmern lassen.

Umso mehr schätzen wir nun diese „neuen“, alten Errungenschaften. Wir haben alle mehr Zeit darauf verwendet, zu kochen, zu backen, neue Rezepte auszuprobieren und alte wiederzuentdecken. Kaffee- und Espressomaschinen wurden zu unseren besten häuslichen Begleitern und durften den Besuch in Coffeeshops, Cafés und Restaurants ausgleichen. Ein Barista-Kurs wird nach dem Lockdown folgen.

Zeit also nun die Vorweihnachts-, Weihnachts- und Winterzeit mit ein paar passenden Spezialitätenkaffees zu genießen und einen besonderen Kaffee in die Maschine oder Mühle zu bringen. Bei mir ist es der indische S795 mit dunklen Beeren- und Schokoladentönen, oder ein Sarchimor oder Cavimor mit ausgeprägten Aprikosen- und Mandelnoten. Ebenso passen in Rum- oder Cachaça-Fässern gereifte Kaffees perfekt in die Jahreszeit und das bestehende Geschmacksbild. 

Auf jeden Fall ist die Zeit perfekt für einen Irish Coffee, den man leicht auch zuhause an einer Espressomaschine zubereiten kann. Man benötigt dazu einen gut balancierten Espresso - ich verwende hierfür gerade einen Bourbon Tekisic von Finca La Buena Esperanza - frische Sahne, braunen Rohrohrzucker und einen nicht zu stark getorften Whisky (meine Wahl fällt auf  einen „Saillt Mòr Pfälzer Eiche“). Den Zucker mit 4cl Whisky in ein Irish Coffee Glas geben und am Dampfhahn der Espressomaschine erhitzen, bis sich der Whisky mit einem Geräuschumschlag eintrübt und der Zucker fast vollständig aufgelöst ist. Dann den Espresso aufsetzen und das Ganze mit einer angeschlagenen (noch flüssigen) Sahne bedecken, die gerade beginnt, eine leichte Haut zu bilden. So entsteht der perfekte Irish Coffee mit einem Kontrast aus heißem Kaffee und Whisky mit Zucker und einer eiskalten Sahne. Slàinte mhath!

Es wird weitergehen!