Erste Frau auf dem Thron

Erna Tosberg über die World Barista Championship 2018

Herzlichen Glückwunsch Agnieszka Rojewska! Mit der mehrfachen polnischen Meisterin ist es erstmals einer Frau gelungen, die Barista Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Ende Juni 2018 war Amsterdam das Zentrum der Kaffeewelt. Bei der Barista Weltmeisterschaft im Rahmen der Messe World of Coffee traten 56 nationale Champions an, um ihr Können und Wissen unter Beweis zu stellen. Die neue Weltmeisterin kommt aus Polen und heißt Agnieszka Rojewska. Dies ist ein historisches Ereignis, denn zum ersten Mal in der 19-jährigen Geschichte der WBC hat eine Frau den Titel gewonnen.

Der Weg ins Finale         

Und so läuft die Weltmeisterschaft ab: Jeder der Teilnehmer, der sich zuvor durch den Gewinn der nationalen Barista Meisterschaft für die Weltmeisterschaft qualifizieren, tritt in der Vorrunde an und bereitet während einer fünfzehnminütigen Präsentation jeweils vier Espressi, vier Milchgetränke und vier Eigenkreationen zu, die von einer Fachjury verkostet und bewertet werden.

Die 15 Teilnehmer mit der höchsten Gesamtpunktzahl sowie der Gewinner der „Wildcard“ zogen ins Halbfinale ein und präsentierten dort erneut, die Punkte aus der Vorrunde werden nicht mitgenommen. In diesem Jahr hatten es folgende Länder ins Halbfinale geschafft: Schweiz, Kanada, Niederlande, Polen, Griechenland, Neuseeland, Australien, Schweden, Russland, Malaysia, Japan, USA, Thailand, Südkorea, UK, Singapur.

Die sechs besten Teilnehmer aus dem Halbfinale zogen ins Finale ein, wo sie abermals präsentieren, und sie gehen mit einem Pokal nach Hause. Die Finalisten in Amsterdam waren: Agnieszka Rejewska aus Polen, Lex Wenneker aus den Niederlanden, Mathieu Theis aus der Schweiz, Michalis Katsiavos aus Griechenland, Cole Torode aus Kanada sowie John Gordon aus Neuseeland.

Europa prescht nach vorne

Überraschend war dieses Jahr, dass Europa mit vier Teilnehmern sehr stark im Finale vertreten war und traditionell hoch platzierende Länder wie die USA, Australien sowie alle asiatischen Ländern bereits vorher ausgeschieden sind.

Die verwendeten Kaffees der Teilnehmer kamen vorrangig aus Äthiopien, Panama, Costa Rica und Kolumbien und wurden z.T. mit neuen, experimentellen Methoden aufbereitet, z.B. „Carbonic Maceration“, „Lactic Acid Fermentation“ u.s.w., deren Ziel es ist, die Fermentation des Kaffees während der Aufbereitung nach der Ernte zu kontrollieren und zu steuern, um besonders klare, saubere und komplexe Kaffees mit leicht identifizierbaren Geschmacksprofilen zu produzieren. 

Auch mit der Milch für die Milchgetränke wurde experimentiert. Das WBC Regelwerk schreibt vor, dass Kuhmilch verwendet werden muss, die mit der Dampflanze der Sponsor Espressomaschine aufgeschäumt wird. Eine Vorbehandlung der Milch steht den Teilnehmern allerdings frei und so wurde die Milch zum Teil eingefroren, mit Ultraschall behandelt, verschiedene Sorten oder unterschiedliche Fettanteile gemischt, alles mit dem Ziel, ein möglichst süßes, cremiges Milchgetränke servieren zu können.

Die Präsentationen hatten häufig Gastservice sowie das Barista Handwerk an sich als Thema. Als weiterer Trend ließ sich beobachten, dass die Wahrnehmung der Kaffeegetränke durch weitere sensorische Aspekte wie Haptik, Optik oder Akustik unterstützt werden sollte, indem die Juroren beim Verkosten z. B. verschiedene Stoffe fühlen, unterschiedliche Farben betrachten oder sogar per Kopfhörer Musik hören sollten.

Die neue Weltmeisterin

Agnieszka Rojewska aus Polen löst den Briten Dale Harris als Weltmeister ab. Sie ist eine äußerst erfahrene Meisterschaftsteilnehmerin, engagierte und ambitionierte Barista. Die vierfache polnische SCA Latte Art Meisterin (2014, 2016, 2017, 2018) sowie dreifache polnische SCA Barista Meisterin (2015, 2016, 2018) errang 2017 einen hervorragenden dritten Platz bei der Latte Art Weltmeisterschaft, gewann dieses Jahr bereits den London Coffee Masters Wettbewerb und konnte nun ihre Karriere mit dem Weltmeistertitel krönen.

Sie präsentierte einen äthiopischen Kaffee, der mit der „Carbonic Maceration“ Methode aufbereitet wurde. Das Thema ihrer Präsentation was das Heranführen von Cafégästen an das Thema Spezialitätenkaffee, weshalb sie ihre Präsentation mit dem Milchgetränk für die Juroren eröffnete, um sie „neugierig“ auf den darin verwendeten Espresso aus Äthiopien zu machen. Die taktile Wahrnehmung des Espressos unterstützte sie unter anderem durch Haptik, indem sie die Juroren eine weiche Holzkugel beim Verkosten fühlen ließ. Für Ihre Eigenkreation verwendete Aga u.a. geklärte Milch („washed milk“), ein Trend aus der Bar Szene, der in diesem Fall einen Bezug zur Aufbereitung des Kaffees herstellte.
Geröstet wurde der von Agnieszka verwendete Kaffee von der Rösterei Ona aus Australien, deren Inhaber, der Barista Weltmeister 2015, Sasa Sestic, Agnieszka auch im Training unterstützt hatte.

Die Siegerehrung war für alle Anwesenden ein sehr emotionaler Moment, nicht nur, weil Geschichte geschrieben wurde, sondern auch, weil Agnieszka völlig zu Recht gewonnen hat.

Alle Scores kann man hier einsehen: https://worldbaristachampionship.org/full-scores-released-for-the-2018-world-barista-championship-in-amsterdam/

Die Präsentationen kann man hier anschauen: https://worldbaristachampionship.org/world-barista-championship-amsterdam-2018/